Donnerstag, 6. September 2012

Herbst - Die unterschätzte Jahreszeit?


Ich bin ein Herbstkind. Immer schon. Nicht, weil ich im Herbst geboren worden bin, wenn man danach geht, bin ich nämlich ein Winterkind.
Nein, der Herbst war mir immer schon die liebste Jahreszeit. Dicht gefolgt vom Frühling, aber der kommt an meine Top-Jahreszeit nicht heran.
Warum das so ist, verstehen viele Leute nicht. Die finden, der Sommer toppt alles und ist daher am Besten. Und das werde ich nie verstehen. Klar mag ich Sonne und Wärme auch, aber nicht Hitze und Schwüle. Und die gibt es im Sommer nun einmal, das lässt sich nicht leugnen. Diesen Sommer erklären ja einige Leute für nichtexistent, aber ich finde, er war sehr wohl da. Und woran ich mich vor allem erinnern kann: Dass die Luft so schwül und drückend war, dass einem das Atmen schwerfiel. Klar gab es auch andere Tage, aber bei mir prägen sich immer die anstrengenden ein. 
Kann sein, dass das daran liegt, dass ich weder Semester- noch Schulferien habe bzw. sowieso nicht in klimatisierten Räumen sitze oder Zeit habe, mich nachmittags an den See zu legen. Ist man in der Arbeitswelt angekommen, macht der Sommer wesentlich weniger Spaß, als noch zu Schulzeiten, so viel steht fest.


Ich gebe ja zu, dass bei mir auch die Voraussetzungen nicht stimmen. Ich bin kein Beachgirl. Ich fahre nicht in den Strandurlaub und genauso wenig lege ich mich an den Baggersee oder an die Isar. Das ist mir in der Regel zu unbequem und zu öde. Im Sommer macht man das aber so. Habe ich mir sagen lassen. Werde ich aber nie machen. Keine Ahnung, wieso ich da so bin, aber irgendwie weiß ich mit meiner Zeit immer besseres anzufangen. Ich will in Bewegung sein, da ist mir das Rumliegen in der Sonne einfach zu öde. Wenn es heiß ist, kann ich das aber nicht machen ohne einen Hitzschlag zu kriegen.
Deshalb: Wieder Herbstliebe. Selbst wenn es regnet: Wenn man richtig angezogen ist, dann gibt es nichts Schöneres, als einen Herbstspaziergang. Und wenn man dann aus dem nasskalten Wetter wieder in die warme Stube kommt, kann man einen Tee trinken, ein Bad nehmen, sich einkuscheln. Im Sommer ist es ja sogar in der Wohnung manchmal schlicht unangenehm. Und schlafen kann man auch nicht richtig, weil es viel zu heiß ist.


Weiter geht's. Herbstfarben. Rote und orange Blätter an den Bäumen, diese besondere Art von Sonnenlicht. Im Sommer ist alles grell und hell. Im Herbst wird einen Gang zurückgeschalten, alles wird irgendwie weicher. Es gibt Nebel. Wenn man nicht gerade Auto fährt, dann ist Nebel doch einfach super! Atmosphärisch unschlagbar und einfach irgendwie faszinierend. Und er ist ein super Weichzeichner, da sieht alles sowieso viel schöner aus.
Und apropos schöner: Ich habe das sicher schon zigmal gesagt, aber sind Herbstklamotten nicht einfach so viel schöner? Die Farben, die Schnitte. Und man muss nicht nackte Körperstellen sehen, die man nicht sehen wollte. Stiefel, Strumpfhosen, Strickjacken, Ponchos, Schals, Mützen... all die tollen Dinge kommen wieder zum Vorschein. Und auch noch in schön gedeckten Farben. Für grell werde ich mich nie begeistern können, das stört mich in meiner Wahrnehmung. Vornehme Zurückhaltung ist da doch viel schöner.


Der Herbst ist im Übrigen auch die gebildetste aller Jahreszeiten: Denn jetzt finden all die tollen Dinge statt, die es in so einer Häufung in sonst keiner Jahreszeit gibt: Konzerte, Lesungen, Kinofilme, Buchneuerscheinungen... es ist, als wäre die Welt aus ihrer hitzebedingten Lethargie erwacht. Im Sommer ist es zu heiß zum Denken, da wird alles vernachlässigt. Aber sobald die Temperaturen sinken, kann man sich wieder bewegen und auch das Hirn anstrengen. Die Bands kehren von den Festivals zurück und spielen endlich Club- und Hallenkonzerte. Viele bringen dazu gleich noch neue Alben heraus. Die Verlage wissen auch, dass jetzt wieder mehr gelesen wird und die Neuerscheinungen füllen die Regale in den Buchhandlungen. Auch das Kino wird wieder häufiger frequentiert. Neue Serien oder neue Staffeln laufen an - das Sommerloch ist zuende. Es geht wieder rund, man wird wieder gefordert - vor allem geistig. 
Vielleicht mag ich auch deswegen den Herbst so gerne: Weil man Gehirn dann wieder ordentlich arbeitet, die Betriebstemperatur stimmt. Und gefordert wird es auch - am laufenden Band. Ob mit den neuen Büchern, neuen Filmen oder anderweitig - was im Sommer vernachlässigt wurde, wird im Herbst wieder aufgenommen. Mal ganz davon abgesehen, dass man wieder anfängt, die Wohnung zu dekorieren und allgemein zu pflegen, weil man sich ja meistens eh drin aufhält, um sich einzukuscheln. 
Und was daran schlecht sein soll, frage ich mich sowieso.

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