Montag, 10. April 2017

Urlaubslektüre 2017 - Sechs Bücher in einer Woche

Ende März war ich eine Woche im Urlaub. An sich nichts ungewöhnliches, der März bietet sich ja gerne einmal an, um dem deutschen Restwinter zu entfliehen und ein wenig Sonne zu tanken (und die Haut vorzubräunen) bis auch bei uns die schönen Monate beginnen.

Ungewöhnlich war allerdings, dass es sich um einen quasi reinen Strandurlaub (mit Ausnahme von zwei kurzen Ausflügen in die umliegenden Städte) handelte. Die Sorte Urlaub mache ich nämlich eigentlich nicht, weil es mir zu langweilig ist. Dieses Mal wollte ich aber genau diese Langeweile haben (andere nennen das auch Entspannung) und nahm mir deshalb nicht weniger als acht Bücher mit - in der Annahme, dass ich vielleicht drei bis vier davon lesen würde. Dass ich quasi alle zumindest anlesen würde, hatte ich tatsächlich nicht erwartet. Aber es bewies mir vor allem eine Sache: Ich habe dieses "Schnelllesen" immer noch drauf - vor allem wenn mich nichts ablenkt. Der größte "Störfaktor", nämlich das Internet, fiel situationsbedingt weg. Und schon sieht meine Lesestatistik für dieses Jahr einigermaßen erfreulich aus.

Im Vorfeld des Urlaubes habe ich mir tatsächlich mehr Gedanken zur Lektüre gemacht, als ich das sonst mache, wenn ich Bücher mit auf Reisen nehme. Es entstand sogar eine Art Lesethema bzw. zwei. Zum Einen hatte ich Autobiographien dabei, zum Anderen Kurzgeschichten. Irgendwie erschienen mir diese Art von Büchern für einen Urlaub passend. Vor allem wusste ich von früheren Anläufen, dass ich zum Lesen von (Auto)Biographien Ruhe brauche, sonst lese ich sie nicht zu Ende. Und Kurzgeschichten erschienen mir perfekt, um jeweils eine zwischen einer Runde im Pool oder einem Drink an der Strandbar zu lesen (Spoiler: Hat nicht ganz geklappt)

Für den vier Stunden dauernden Hinflug (es ging nach Ägypten) suchte ich mir ein relativ dünnes Buch aus, das kurz vor der Abreise bei mir ankam und entsprechend gar nicht so in den "Leseplan" passte - All Grown Up von Jami Attenberg. Gekauft hatte ich mir das Buch, weil auf Twitter einige Leute (darunter Sarah Dessen, die zu meinen Lieblingsautoren zählt) sehr schwärmten und ich fand, dass die Kurzbeschreibung gut klang: Ein ehrliches Buch über das Singleleben als nicht mehr ganz so junge Frau. Quasi ein bisschen wie Sex and the City. Da ich mir traditionsgemäß an Flughäfen die Amerikanische Vogue kaufe und diese im Flugzeug lese, habe ich das Buch auf dem Hinflug nur halb geschafft, es durfte mich also am ersten Tag mit an den Pool begleiten - und passender konnte der Einstieg nicht sein. Jamie Attenberg springt in ihrer Erzählung gerne mal in zeitlich hin und her: Von den frühen Achtzigern bis in die Gegenwart. Die ab zehn Uhr aus der Strandbar zu mir an die Liege herüberschallende Musik passte perfekt: Von Klassikern, Oldies und Celine Dion bis hin zu Boybands war alles dabei und passte perfekt zum Buch. Ob ich All Grown Up als "typische Sommerlektüre" bezeichnen würde, weiß ich nicht. Auf jeden Fall lässt es sich schön lesen uns als ich nach einer Spa-Behandlung mit einem Handtuchturban auf dem Kopf die letzten Seiten auf dem Balkon las, kam ich mir ein wenig glamourös vor. Aber Vorsicht: Das Buch ist nicht nur heile Welt und Sonnenschein. Es kann einen stellenweise wirklich deprimieren - aber genau deshalb ist der Urlaub ein guter Zeitpunkt, denn im Idealfall ist man selbst so gut gelaunt, dass einen traurige Lektüre nicht allzu sehr deprimiert.

Dennoch fragte ich mich bei der zweiten Lektüre nach kurzer Zeit, ob ich (mehr oder weniger unbewusst) im Urlaub nur deprimierende Bücher lese. Lektüre Nummer zwei waren also Kurzgeschicten. Wir haben Raketen geangelt von Karen Köhler. Wer mich kennt weiß, dass ich das Buch natürlich vor allem wegen des Titels gekauft habe. Je "verquerer" der Titel, desto mehr fühle ich mich angesprochen. Aber schon bei der ersten Geschichte war ich froh, in der Sonne am Pool zu liegen. Sie ging mir zu Herzen und die darauf folgenden auch. Der Plan, nach jeder Geschichte schwimmen zu gehen, ging zudem auch nicht auf, weil es dazu ein wenig zu windig war. Ich las also das Buch in fast einem Satz durch - wieder untermalt von passender Musik. Als ich die titelgebende Geschichte las, lief beispielsweise "Forever Young" - als hätte man es sich ausgesucht! Das Schöne an dieser Sammlung: Es wechseln nicht nur die Protagonisten, sondern oft auch der Stil. Ob in Briefform, in Form von Postkarten oder "normal" erzählt - keine Geschichte ist wie die andere. 

Um ein wenig Abwechslung in die Lektüre zu bringen, folgte am Nachmittag des zweiten Pool-Tages die erste Autobiographie: The Princess Diarist von Carrie Fisher. Auf dieses Buch war ich extrem gespannt, weil ich nicht wusste, was ich erwarten soll. Ich begann die Lektüre nach dem Mittagessen - und nach zwei Gläsern Wein. Irgendwie war das genau die richtige Stimmung. Das allgemeine Nachmittagstief legte sich über die Hotelanlage und ich las von der Affäre, die Carrie Fisher und Harrison Ford am Set von Star Wars hatten. Es war der typische "lazy summer afternoon" und ich hatte die perfekte Lektüre dazu. Am Ende des Tages war ich fertig mit dem Buch und hätte es gerne noch einmal gelesen. Nicht nur ist es wahnsinnig gut geschrieben und spannend erzählt - ich erkannte mich selber ein wenig wieder in der 19-jährigen Carrie Fisher, die für den übermenschlich coolen Harrison Ford schwärmte. Was zudem blieb war das Bedürfnis, dringend mal wieder Star Wars zu schauen und auch alle anderen Bücher von Carrie Fisher zu lesen.

Am dritten Urlaubstag wachte ich ein wenig übellaunig auf. Übellaunig im Urlaub aufzuwachen ist generell schlecht, weil man dadurch noch übellauniger wird und sich über sich selbst ärgert, weil man ja im Urlaub gut drauf sein sollte - klar, oder? Ich hatte jedenfalls schlecht geschlafen, leichten Sonnenbrand und außerdem gefühlte zwei Dutzend Mückenstiche. Die perfekte Lektüre erschien mir also eine Kurzgeschichten-Sammlung von Anna Gavalda zu sein: Ab morgen wird alles anders. Meine innere, übellaunige Französin freute sich darauf, in den Geschichten auf Gleichgesinnte zu treffen. Leider war keiner der Protagonisten so richtig schlecht drauf - ich dafür nach dem Ende der Lektüre auch nicht mehr! Der Name schien Programm und nachdem ich auch dieses Buch innerhalb eines Tages durch hatte, in dessen Verlauf sich auch die Laune wieder besserte, war der nächste Tag tatsächlich gleich anders.

Buch Nummer fünf war die nächste Autobiographie, dieses Mal Lily Collins, die auch gerne "Das Einhorn" nenne. Man mag sich jetzt fragen, was Lily mit ihren 28 Jahren so erzählen kann, aber wie ich beim Lesen von Unfiltered festgestellt habe: Einiges. Das Schöne an diesem Buch, das sich vor allem an junge Mädchen richtet, ist, dass sie nicht nur aus ihrem eigenen Leben (Probleme mit Essstörungen, schwierige Beziehungen etc.) erzählt, sondern auch gleich dazu schreibt, was sie daraus gelernt hat. Und zwar ohne auf die Ratgeber- oder Moralapostel-Schiene abzudriften. Ich schien mir die Lektüren immer passend auszusuchen, denn als ich dieses Buch las, war ich selbst nicht ganz auf der Höhe - der Kreislauf fand so viel Sonne auf einmal nicht allzu gut. Aber mit einem guten Buch kann man auch einmal Ruhe geben und man ahnt es schon: Nach einem weiteren halben Tag war auch diese Lektüre beendet - und ich entdeckte ein plötzliches Interesse an Autobiographien.

Inzwischen war ich am Ende meiner "geplanten" Lektüren angekommen, hatte aber in letzter Sekunde noch ein Buch eingepackt, das am Tag vor der Abreise bei mir eintrudelte und von dem ich gar nicht mehr wirklich wusste, wieso ich es gekauft hatte: Radio Silence von Alice Oseman. Ohne den Klappentext zu lesen, schlug ich es auf und brauchte ein paar Seiten um zu verstehen, in welcher Geschichte ich gelandet war. Es stellte sich heraus: Ein richtig gutes Jugendbuch im Stil von John Green. Keine typische Urlaubslektüre, ganz anders als der Rest der Bücher - aber absolut empfehlenswert und wirklich mal etwas anderes. Ungewöhnliche Charaktere und ausnahmsweise keine Liebesgeschichte, sondern eine, die die Freundschaft in den Fokus stellt. 

Buch Nummer sechs war schnell gelesen und es blieben noch eineinhalb Urlaubstage und ein Rückflug. Tatsächlich schien es so, dass ich alle Lektüren, die mir zu diesem Zeitpunkt zusagten, somit durch hatte. Ich begann nämlich dann, Der Weg des Künstlers von Julia Cameron zu lesen - weniger reguläre Lektüre, als mehr Wegweiser zur Kreativität. Eine liebe Kollegin hatte es mir empfohlen und ich fand die Idee spannend. Aber ich merkte schon nach wenigen Seiten, dass ich nicht in Stimmung war - und griff zum dicksten und letzten meiner Bücher: It von Stephen King. Dieser Wälzer begleitete mich am letzten Abend und auf dem Flug nach Hause. Knapp 300 Seiten las ich - um es dann zuhause aus der Hand zu legen. Es war meiner erster King und ich glaube, ich werde kein Freund seiner Bücher. Irgendetwas hat mich gestört. Ich vermute es war die Tatsache, dass ich mich mit keinem einzigen der Charaktere anfreunden konnte. Wäre ich noch länger im Urlaub gewesen, hätte ich es mit Sicherheit zu ende gelesen. Aber im Alltag zurück erschien es mir die falsche Lektüre zu sein. Urlaub ist doch anders und was man dort liest, würde man sonst vielleicht niemals auch nur ansatzweise in Erwägung ziehen - aber umso besser. So kann man faul sein und dennoch den Horizont erweitern. 

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