Mittwoch, 28. Oktober 2015

#rolemodels - Anna Wintour, Chefredakteurin der amerikanischen Vogue

Als ich 16 war kaufte ich meine erste Vogue. Das mag vielleicht ein wenig früh erscheinen, vor allem da ich zu diesem Zeitpunkt garantiert nicht die Zielgruppe der so genannten Stylingbibel war. Aber das war mir egal. Denn seit jeher fasziniert mich keine Zeitschrift so sehr wie diese, die überall als das Non Plus Ultra in der Modewelt angesehen wird. Und wenn man sich einmal mit der Vogue befasst hat, dann kommt man ganz schnell auch eine bestimmt Person: Anna Wintour. Legendäre Chefredakteurin der Amerikanischen Ausgabe. Die mächtigste Frau im Modebusiness, das Vorbild für Miranda Priestly. Gefürchtet wie verehrt gleichermaßen. Kurzum: Eine faszinierende Persönlichkeit. Und für mich vor allem: Ein Vorbild. Vielleicht das Vorbild überhaupt.

Annas Ruf eilt ihr voraus und der ist nicht immer positiv. Es ranken sich wahre Mythen um sie und das, was in den Räumlichkeiten der Vogue oder gleich bei ganze Condé Nast vor sich geht. Wahrscheinlich wird man nie herausfinden, wie viel davon wirklich stimmt. Und La Wintour wird einen Teufel tun und sich irgendwie zu diesen Gerüchten zu äußern. Genauso wenig äußerst sie sich dazu, dass ihre Ex-Assistentin Lauren Weisberger sie in Romanform verewigt hat. Denn wer das reale Vorbild für Miranda Priestly in Der Teufel trägt Prada, ist, das weiß selbst der, der von Mode so viel versteht wie ich von Atomphysik. Es ist ein offenes Geheimnis. Und der einzige Kommentar von Anna Wintour dazu war, dass sie von Kopf bis Fuß in Prada gekleidet zu einer Vorführung des Films ging. Das hat Stil und etwas anderes hat man auch nicht von ihr erwartet.

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich Annas inoffizielle Biographie aus der Feder von Jerry Oppenheimer gelesen habe, aber manche Details haben sich einfach in mein Gehirn eingebrannt. So zum Beispiel, als sie in einem Vorstellungsgespräch auf die Frage "Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?" antwortete "Auf Ihrem Stuhl!". Diese Frechheit muss man erst einmal besitzen. Mal davon abgesehen, dass sie natürlich Recht behalten sollte. Denn wenn diese Frau sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann erreicht sie das auch. Sonst wäre sie nicht da, wo sie jetzt ist. Und wenn dazu gehört, dass manche Menschen sie für eiskalt, skrupellos und karrierebesessen halten - so what? Immerhin weiß sie ja selbst am Besten, wie viel Wahres dran ist. Und kann damit offensichtlich ganz gut leben.

Anna Wintour hat mich im Laufe der Jahre auf viele Arten beeindruckt. Ein wahrer Geniestreich hierbei ist die Dokumentation The September Issue. Ein Blick hinter die Kulissen der Vogue. Die Entstehungsgeschichte einer der bisher wichtigsten Ausgaben des Magazins. Und natürlich auch ein Portrait der Chefredakteurin. Ich schaue diese Doku gerne im Anschluss an Der Teufel trägt Prada. Nicht nur, weil ich dann eh schon in Stimmung bin, sondern vor allem, weil ich dann so manches Mal in mich hineinschmunzeln muss. Denn hier werden einfach so viele Anspielungen auf den Hollywoodfilm gemacht, dass das kein Zufall sein kann. Es fehlt gerade noch, dass Anna irgendwann mit den Händen wedelt und "That's all!" sagt. Manchmal ist sie kurz davor und einmal formuliert sie es nur ein bisschen anders. Es ist ihr Gegenschlag gegen die sehr harsche Darstellung ihrer Person durch Lauren Weisberger. Und dabei so subtil und ohne jemanden direkt anzusprechen, dass man es als Außenstehender gar nicht wirklich merkt. Klassisch Wintour eben!

Was ich bei The September Issue auch gelernt habe? Während die Modewelt zu Anna Wintour aufblickt wie zu sonst niemandem, ist ihre Familie der Meinung, dass sie ihre Zeit verschwendet. Was ist Mode schon im Vergleich zu den wirklich wichtigen Themen? Ihre Geschwister haben alle ernsthafte Berufe und selbst ihre Tochter will nicht ins Fashionbusiness einsteigen. Und das prallt nicht einmal an jemandem ab, der den Spitznamen Nuclear Wintour trägt. Das merkt man, wenn sie darüber spricht. Und das beeindruckt mich noch mehr: Sie geht ihrer Leidenschaft nach, auch wenn sie dafür belächelt wird von den Leuten, deren Meinung ihr am Ende des Tages am Wichtigsten ist. Und das spricht mehr für eine innere Stärke als sonst etwas. Genauso wie die Tatsache, dass sie jahrelang einen wirklich schlimmen Ruf innehatte. Inzwischen hat sich dieser gebessert. Warum? Weil sie sich dazu entschieden hat. Jetzt sitzt sie in der Show von Victoria Beckham neben David in der Front Row und scherzt mit der kleinen Harper. Sie macht bei einem Sketch von Seth Meyers mit und nimmt sich dabei selbst absolut nicht ernst. Sie hat entschieden, der Welt eine neue Anna Wintour zu präsentieren. Und zwar erst nachdem sich alle schon eine Meinung gebildet hatten. Alles läuft nach dem Timing, das sie vorgibt. Sie hat die Zügel in der Hand. Immer.

Als ich nach Anna Wintour Zitaten für diesen Beitrag gesucht habe, bin ich über so viele gestolpert, dass mir die Auswahl wirklich schwer fiel. Denn gerade wenn es um Motivation und Tipps geht, ist sie ganz vorne mit dabei. Dass sie seit über 25 Jahren die amerikanische Vogue auf Erfolgskurs hält ist Inspiration genug, aber wie sie ihren Erfolg erklärt und dabei anderen dabei hilft einen ähnlichen Kurs einzuschlagen, setzt noch einen drauf. Vielleicht wird es Zeit für ein Buch namens What Would Anna Wintour Do? Ich würde es kaufen. Zur Not würde ich es sogar selbst schreiben, wenn das bedeutet, dass einfach mehr Menschen erfahren, was man alles von dieser beeindruckenden Frau lernen kann!

1 Kommentar:

  1. Sehr schöner Beitrag. Schon bei dem Post zu Der Teufel trägt Prada habe ich mir gedacht, dass Miranda Priestly definitiv der beeindruckendere Charakter ist. Gerade die Tatsache, dass sie es lange wohl nicht für nötig gehalten hat als nett wahrgenommen zu werden macht Anna Wintour für mich so faszinierend (und inspirierend).

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