Es
gibt keinen Film, den ich so oft gesehen habe wie Der Teufel trägt
Prada. Das ist eine feststehende Tatsache, zu der ich auch stehe. Das
ist eine Tatsache, die ich nicht durch Zählen überprüfen werde, weil ich es
einfach weiß. Und vor allem wird sich an dieser Tatsache nichts
ändern, weil ich den Film mindestens einmal pro Monat schaue. Dieses
Privileg hat sonst kein Film und ich schätze, so schnell wird es
auch keiner bekommen.
Prada
ist der Film, den ich anschaue, wenn ich nicht weiß, was ich sonst
anschauen soll. Der Film, den ich anschaue, wenn ich
Fashion-Inspiration brauche. Wenn ich eine Ladung Meryl Streep
brauche, wenn ich den großartigen Stanley Tucci sehen will, wenn ich
Karrieretipps brauche. Ein Film für alle Lebenslagen. Und ja,
natürlich habe ich auch die Romanvorlage gelesen. Drei Mal. Aber das
literarische Talent von Lauren Weisberger kommt leider nicht einmal
ansatzweise an die schauspielerischen Leistungen der Darsteller
heran. Dieser Film lebt von seinen Schauspielern und natürlich auch
von der großartigen Patricia Field, die sich um alle Stylingfragen
kümmerte. Es ist der Film, der zuerst genannt wird, wenn es um einen
Job in der Modebranche geht. Und komischerweise ist Andrea Sachs
immer ganz vorne mit dabei, wenn Vorbilder gesucht werden. Und das
halte ich für ein Problem.
Mein
Lieblingscharakter in Der Teufel trägt Prada? Nigel! Und das nicht
nur, weil er von Stanley Tucci so meisterhaft dargestellt wird und so
viel besser ist als sein Buch Alter Ego. Nigel ist großartig. Punkt.
Nigel sollte ein Vorbild sein, ein Mentor. Für Andy ist er das. Für
Miranda Priestly ist er einer der wertvollsten Mitarbeiter, denn er
ist kreativ, weiß was seine Chefredakteurin will, bringt eigene
Ideen mit ein und lässt sich vor allem nicht unterbuttern. Und: Er
hat sich das alles erarbeitet. In der kurzen Szene, in der man etwas
über ihn erfährt, erzählt er, dass er als kleiner Junge unter der
Bettdecke Runway gelesen hat und heimlich Nähkurse belegt hat, um
seinen Traum zu verwirklichen. Und man sieht ja, wo er gelandet ist.
Was am Ende mit ihm passiert, als er von Miranda um seinen Traumjob
bei James Holt gebracht wird, damit diese ihre eigene Position sichern kann – das hat er nicht verdient. Aber er trägt es mit Würde und
vor allem verliert er nicht den Mut und die Zuversicht, dass Miranda
weiß, was sie an ihm hat und vor allem auch, dass sie ihn fördern
wird. Zudem ist Film-Nigel einfach ein netter Mensch. Er nimmt Andrea
unter seien Fittiche, bringt ihr gleich am ersten Tag das passende
Schuhwerk, kümmert sich um ihr Umstyling, damit Miranda sie nicht
weiterhin wegen ihres Aussehens verurteilt, sondern Andy nach der Arbeit, die sie verrichtet, beurteilt. Und er hält seinem Schützling den besten
Vortrag, den ich jemals gehört habe. Am liebsten möchte ich ihn mir
einrahmen, weil er so motivierend ist und so viel Wahres beinhaltet.
Mich wundert nicht, dass Nigel an dieser Stelle die Hutschnur platzt. Das wäre mir auch so gegangen. Und genau deshalb versehe ich nicht, wieso Andrea Sachs immer als Vorbild herhalten muss. Meiner Meinung nach ist sie das allein deshalb nicht, weil sie ständig jammert. Weil sie diesen Job (the one a million girls would kill vor) als eine Selbstverständlichkeit ansieht, als etwas, was unter ihrer Würde ist, weil sie im Grunde meint, etwas Besseres zu sein und einen besseren Job verdient zu haben. Liebe Andy: Jeder fängt einmal ganz unten an. Viele haben als Assistent begonnen. In dieser Position kann man eine Menge lernen, wenn man will und wenn man offen dafür ist. Nicht, wenn man jammert und sich schlecht behandelt fühlt. Und Miranda Priestly ist sicherlich nicht da gelandet, wo sie jetzt ist, weil sie den Tag mit jammern verbracht hat. Dazu hat sie nämlich gar keine Zeit!
Was mich an Andy am meisten aufregt ist der Satz „I didn't have a choice“. Den sagt sie im Laufe des Films mindestens fünf Mal und jedes Mal will ich schreien. Manchmal mache ich das auch, wenn ich besonders schlechte Laune habe. Diese Aussage ist einfach so unglaublich grauenvoll, dass ich allein beim Gedanken daran schon wieder in Rage gerate. Weil es vor allem nicht stimmt. Die einzige Genugtuung? Dass ihr mehrmals auf diesen blöden Satz die richtige Retourkutsche gegeben wird. Von Emily (That is a pathetic excuse!) Von ihrem Freund Nate (I wouldn't care if you were out there pole-dancing all night, as long as you did it with a little integrity!) Und auch von Miranda. Denn diese „Ausrede“ ist einfach hirnrissig. Keiner hat sie gezwungen, diesen Job zu übernehmen, Keiner hat sie gezwungen, ihn zu behalten. Keiner hat sie gezwungen, ihr Privatleben hinten anzustellen. Sie ist immer noch ein Mensch, der seine eigenen Entscheidungen treffen kann und auch sollte. Und sie hat sich entscheiden, jedes Mal. Für den Job, für Miranda. Weil ihr klar war, dass das dazu gehört. Und sie hätte die Wahl gehabt, viel früher alles hinzuwerfen. Nicht erst dann, als ihr klar wurde, dass sie inzwischen ähnliche „skrupellos“ gehandelt hatte wie Miranda. Sie hat all diese Entscheidungen getroffen, weil sie weiterkommen wollte, weil ihre Karriere ihr wichtig war, weil sie es allen beweisen wollte. Und dann zu behaupten, dass sie keine andere Wahl hatte, halte ich für charakterschwach. Und genau aus diesem Grund sehe ich sie nicht als Vorbild an.
Andy Sachs: That's not what I... no, that was different. I didn't have a choice.
Miranda Priestly: No, no, you chose. You chose to get ahead. You want this life. Those choices are necessary.
Andy Sachs: But what if this isn't what I want? I mean what if I don't wanna live the way you live?
Miranda Priestly: Oh, don't be ridiculous. Andrea. Everybody wants this. Everybody wants to be us.
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