Mittwoch, 22. März 2017

Buchhändler - Der romatisierteste Beruf der Welt?


Vor ein paar Wochen behauptete ich auf einer Party, ITlerin zu sein. Meiner Meinung nach war das nur so halb geflunkert, immerhin arbeite ich bei CHIP, da kann man das schon einmal behaupten. Nach Meinung meiner lieben Freundin Patricia wiederum war meine Aussage komplett falsch. Denn: "Für mich bist du immer Buchhändlerin, egal, was du machst!" Ganz unrecht hat sie damit ja nicht - immerhin ist das mein Ausbildungsberuf und der, den ich bisher am längsten ausgeübt habe, nämlich sechs Jahre lang. Es war mein erster Beruf und deshalb wird er mich wahrscheinlich immer definieren - zumal ich ja nicht plötzlich meine Leidenschaft für Bücher aufgegeben habe, nur weil ich nicht mehr von Montag bis Samstag im Laden stehe. Buchmenschen bleiben wohl auf ewig Buchmenschen. 

Buchhändler sind vor allem eins: Idealisten. Anders kommt man in diesem Beruf nicht zurecht, glaube ich, vor allem in Zeiten von Amazon und Co. Als Buchhändler verdient man nicht viel und hat nervige Arbeitszeiten - aber jemandem, der dem Beruf mit Leidenschaft nachgeht, ist das irgendwie egal. Zu schön ist es, den ganzen Tag von Büchern umgeben zu sein und den Menschen dabei zu helfen, die perfekte Lektüre für sie zu finden. Wer sich für diesen Beruf entscheidet, der tut das ganz bewusst und aus Idealismus und Leidenschaft. Ich habe beispielsweise mein Anglistik- und Germanistik-Studium geschmissen, um die Ausbildung zu machen. Das sagt ja auch schon was. 

 Der Beruf des Buchhändlers mag für viele ein Traumberuf sein - aber vor allem wird er eins: Idealisiert. Dass die Arbeitszeiten an Öffnungszeiten gebunden sind, dass man auch am Samstag und an Weihnachten im Laden steht, dass man nicht nur den ganzen Tag liest, sondern vor allem gerne mal acht Stunden steht - das alles bedenken nur wenige, aber es gehört nun einmal dazu. Mal davon abgesehen, dass leider auch in der schönen heilen Bücherwelt so mancher Kunde das reinste Ekelpaket sein kann und man damit - man arbeitet ja immerhin in der Dienstleistungsbranche - leben muss. Nein, man liest sich nicht den ganzen Tag gegenseitig Gedichte vor - das war der erste Satz, den mein ehemaliger Chef im Vorstellungsgespräch zu mir sagte. Buchhändler sind wundersame Wesen heutzutage. Manchmal scheinen sie wie ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit zu sein. Irgendwie altmodisch, irgendwie verstaubt. 

Und das ist vermutlich auch der Grund, warum sie so oft... ich nenne es mal "verwurstelt" werden. In Romanen (liegt ja auch nahe), vor allem aber auch in Filmen - überwiegend in Schmonzetten, wenn man so will. "Ist das nicht dieser Film, in dem Hugh Grant einen Buchhändler spielt?", sagte besagter früherer Chef einmal zu mir, als wir über "Notting Hill" sprachen. Ja, ist er. Und ja, Hugh Grant spielt in diesem Film den typischen Buchhändler. Ein wenig schüchtern, ein wenig tollpatschig. Er steht gerne in seinem The Travel Bookshop, kennt jeden in seinem Viertel, ist ein bodenständiger Typ. Ein wenig spießig, ein wenig eingestaubt, ein Romantiker. Klischee, wenn man so will. Aber die Rolle funktioniert und man findet ihn auf Anhieb sympathisch. Dass er am Ende die Hollywoodschauspielerin rumkriegt, hat natürlich weniger mit seinem Beruf zu tun - aber immerhin spielt dieser bzw. seine Buchhandlung doch eine zentrale Rolle. 

 Noch romantischer und vor allem noch Buchhandels-zentrierter wird es natürlich bei dem Buchhändler-Klassiker schlechthin. Der Titel lässt es gar nicht vermuten, denn der lautet (ganz neumodern) "E-Mail für dich". Aber Meg Ryan hat hier eine Buchhandlung - und was für eine! The Little Shop Around The Corner ist alles, was man an einer Buchhandlung liebt - inkl. der Buchhändlerin, die ein immenses Wissen hat und für jeden einen Tipp auf Lager. Und obwohl der Film schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, behandelt er (neben einer meiner liebsten Liebesgeschichten) das Problem, mit dem jeder Buchhändler einer kleinen bis mittelständischen Buchhandlung aktuell zu kämpfen hat: Die große Konkurrenz. Hier ist es der Fox Books Superstore - heutzutage wohl eher Amazon. 

Der Beruf des Buchhändlers bietet ganz offensichtlich ziemlich viele Möglichkeiten. Selbst meine Ober-Ikone Audrey Hepburn spielte einst eine - voller Klischee als graues Mäuschen. Gefühlt jede zweite Prime-Time-Schmonzette dreht sich um die hübsche Single-Buchhändlerin, die sich verliebt, verlassen wird, Dramen erlebt... ob in der großen Stadt oder im kleinen Dorf: Wenn es eine Liebesgeschichte gibt, ist der Buchladen nicht weit. Gott sei Dank sind die von den netten Drehbuchautoren geschriebenen Charakter meistens weg von jeglichem Klischee, aber dennoch frage ich mich jedes Mal: Gibt es keine anderen Berufe? Idealisieren die Menschen diesen einen Job so sehr, dass die Wahl immer wieder darauf fällt? Oder lässt sich einfach so viel daraus machen? Vermutlich ist es eine Mischung aus beidem und man muss auch dazu sagen: Buchhändler sind grundsätzlich gute Menschen. Und da sie so idealistisch bis romantisch sind, eignen sie sich natürlich perfekt für ein wenig Herzschmerz und 90 Minuten Drama mit Happy End. 

 Als ich heute wieder über eine Buchhandels-Schmonzette gestolpert bin, schrieb ich in einem Tweet "In meinen sechs Jahren Buchhandel war es nicht ansatzweise so romantisch". Und das stimmt leider auch. Ich arbeitete in einer kleinen Buchhandlung in einer kleinen Stadt - und auch noch an einem See. Eigentlich die perfekte Kulisse für meine persönliche Schnulze. Passiert ist nichts - wenn ich in dieser Zeit romantische Zwischenfälle erleben durfte, dann vor allem in München und außerhalb der Öffnungszeiten der Buchhandlung. Schade eigentlich - hätte so schön sein können und da zu unseren Kunden auch ein Drehbuchautor für Schmonzetten und Vorabendserien gehörte, hätte ihn meine Geschichte eventuell sogar zu einem neuen Werk inspiriert!

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