Mittwoch, 15. März 2017

Abenteuer Tinder - links swipen, rechts swipen, falsch swipen, richtig swipen...


Meine liebe Freundin Dani und ich haben eine Art Ritual, das meistens samstags, manchmal auch freitags und oft im schönen Zweimonats-Rhythmus stattfindet.
Wie das bei Ritualen so ist, läuft es immer gleich ab. Mein Handy zeigt mir ein "Stephie, was machst du heute?" an, ich antworte mit "Bisher nichts, was wollen wir machen?". Sekunden später ruft sie an, fragt, ob wir bei ihr kochen wollen und wir machen eine Uhrzeit aus. Ich packe zwei Flaschen Wein ein und mache mich abends auf den Weg zu ihr - Dani wohnt bequemerweise als einzige meiner Freundinnen im selben Stadtviertel wie ich und der Weg ist angenehm kurz.

Die Dani-Abende an sich folgen meistens auch einem festen Ablauf. Sie kocht, ich öffne den Wein, wir besprechen, was in den letzten ein bis zwei Monaten passiert ist. Dabei fangen wir meistens mit Themen aus der Arbeit an und tasten uns dabei langsam zum Thema Männer vor. Das erste Glas Wein ist zu diesem Zeitpunkt meistens schon geleert un die Zunge gelockert. Nicht, dass wir das brauchen würden, aber es schadet sicher nicht. Man kann meistens die Uhr danach stellen, ab wann wir zu den spannenden Themen kommen, in der Regel nach knapp 45 Minuten.

Dani ist großer Fan von Tinder. Ich nicht. Bei unserem letzten Koch-Wein-Männer-Abend erzählte sie mir also, dass sie sich jetzt per Tinder öfter einmal Sex-Dates ausmachen würde. Als Entspannung. Meine Augenbrauen wanderten ein wenig nach oben bei dieser Aussage, die sie mir nach besagten 45 Minuten so nebenbei servierte. Nicht, dass ich überrascht gewesen wäre und ich verurteile es auch nicht, aber ich war sofort fasziniert von der Idee, die sie mir präsentierte. Denn wenn ich mir etwas nicht vorstellen konnte, dann, dass ihr Vorhaben "Sex ohne Gefühle" wirklich funktionieren würde. Dazu kenne ich sie zu gut. Und natürlich sollte ich Recht behalten.

Eine Flasche Wein und ein leichtes Abendessen später saßen wir, wie es das Ritual verlangt, mit einem weiteren gut gefüllten Glas und unseren Handys auf Danis Sofa. Sie auf Tinder, ich nicht. Zumindest so lange nicht, bis ich besagtes Glas geleert hatte und sie ungelogen fünf Mal zu mir gesagt hatte "Los jetzt Stephie, installier dir wieder Tinder!" 
(Wieder übrigens deshalb, weil ich einmal zwei verzweifelte Tage lang auf Tinder unterwegs war, weil ich dachte, ich würde darüber jemanden wiederfinden, den ich in einem Club kennengelernt habe. Musste feststellen: Klappt nicht)
Man kennt das: Weinselig findet man manche Idee wirklich gut und da ich nicht wieder wild durch die Gegend whatsappen wollte, re-installierte ich eben Tinder. Und hatte anfangs echt meinen Spaß dabei.

Rechts swipen, links swipen, falsch swipen, richtig swipen - ich war so richtig schön in Fahrt, kommentierte fleißig (von "Nä, also echt nicht" bis "Achja, schau mal, gar nicht schlecht" war so ziemlich alles dabei) und ich freute mich über so manches Match. Soweit, so gut. Immer, wenn von Dani kam "Ja, schreib dem doch", kam von mir zurück "Nö, keine Lust" und ich swipte weiter. So lange, bis die gewitzte App mir sagte, ich könnte keine Likes mehr verteilen ohne 12 Stunden (!) zu warten oder mein Erstgeborenes zu verkaufen. Na toll. Zwischenzeitlich hatte ich zwei Nachrichten bekommen, die ich eigentlich gar nicht hatte beantworten wollen, aber mangels Likes musste ich ja wohl doch.

Kandidat eins schoss sich ziemlich schnell ins Aus, weil er leider verdammt langweilig war. Kandidat zwei wirkte sympathisch und nahm das ganze Getindere ebenso wenig ernst wie ich. Wir schrieben ein wenig hin und her. Neben mir saß Dani, die ihrem "Keine Gefühle, nur Sex" Date zwischenzeitlich geschrieben hatte und sich (Überraschung!) darüber aufzuregen begann, dass er nicht antwortete. Nunja. Dafür bekam sie eine mehr als eindeutige und übertrieben anzügliche Nachricht von einem Herren. Erst fand sie das (zum Glück) eher unattraktiv. Es stellte sich jedoch heraus, dass der gute Mann Geschäftsführer einer Firma war, was sie kurz zu einer Antwort verleitete. Ich legte ein Veto ein. 

Nach der zweiten geleerten Weinflasche machte ich mich auf den Weg nach Hause. Danis Laune war aufgrund der Nicht-Antwort ein wenig in den Keller gesunken und ich inzwischen müde geworden. Ich lief durch das nächtliche Giesing, schrieb noch eine Nachricht an Mr. Tinder - und deinstallierte dann die App. Denn zwischenzeitlich hatte ich wieder festgestellt, wie wenig ich mit dieser Art des "Datings" anfangen kann. Statt weiter mit diesem mir unbekannten Kerl zu schreiben, schrieb ich meinen beiden besten männlichen Freunden. Ihre Reaktion (unabhängig voneinander) war in etwa "Was ist denn da bitte in dich gefahren?!". Einer von beiden benutzt wohlgemerkt Tinder auch ganz gerne einmal, darf sich aber regelmäßig von mir anhören, wie sinnlos ich das finde. Der andere reagierte auf mein "Ich hab's wieder deinstalliert" mit großer Erleichterung und philosophierte anschließend darüber, dass er die große Liebe "nicht über sowas" finden will - und ich gab ihm recht. 

Übrigens würde es mich nicht wundern, wenn ich in meinem weinseligen Zustand mehrmals "Rinder" statt "Tinder" geschrieben hätte. Mein Autocorrect hat hier eine ganz klare Tendenz, wie mir scheint. Ich persönlich würde jetzt nicht sagen, dass auf Tinder nur Rinder unterwegs sind, aber trotzdem wird für mich nichts dabei sein. 
Bei meiner ersten Tinder-Runde damals wurde mir im Übrigen mein Exfreund angezeigt - ich bin so erschrocken, dass ich prompt nach links geswipt habe. 

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