Montag, 19. September 2016

Plan A, B, W oder Z?

Ich bin kein großer Fan des ominösen Plan A. Im Grunde mag ich nicht mal Plan B. Mein momentaner Favorit? Plan Z. Der am wenigstens wahrscheinliche Plan. Der, bei dem man sich immer denkt "Das könnte ich machen, wenn wirklich alle Stricke reißen" und bei dem man aber genau weiß, dass er nie zum Einsatz kommen wird. Weil er zu absurd ist, weil man sich doch nicht traut und weil die Pläne A bis Y am Ende doch irgendwie funktionieren.

Plan A ist langweilig. Finde ich jedenfalls. Es gibt sicherlich genug Leute, die mit ihrem Plan A sehr zufrieden sind. Die ihr Leben so realistisch geplant haben, dass alles genauso eingetreten ist, wie sie es wollten. Verheiratet mit der Jugendliebe, zwei Kinder, Haus mit Garten. Der ultimative Plan A. Ich weiß nicht, ob das irgendwann in der Vergangenheit auch einmal mein Plan A war. Falls dem so ist, habe ich das erfolgreich verdrängt. Für diesen Plan A bin ich nicht der Typ, auch wenn ich  in schwachen Momenten gerne neidvoll auf Leute blicke, die hier ihr Glück gefunden haben. Das scheint mir auf jeden Fall dramenbefreiter als das Leben als 28-jähriger Großstadt-Single. 

Mein persönlicher Plan A hatte ab einem gewissen Zeitpunkt vermutlich eher etwas mit beruflichen Wunschvorstellungen zu tun. Anglistik- und Germanistik-Studium, Arbeit im Verlag. Klingt solide, klingt machbar. Klingt im Nachhinein nach etwas, das durchaus hätte passieren können. Aber bekanntlich stellte ich relativ bald fest, dass mein Plan A einfach nicht zu mir passte. Erst vor ein paar Tagen sagte mir eine Freundin, wie sehr sie meine Entscheidung damals bewunderte, das Studium nach einem halben Semester hinzuwerfen und eine Ausbildung zu beginnen. Sie fand das mutig. Ich fand es logisch. 

Würde ich jetzt überlegen, ob ich inzwischen beim Plan D, E oder F meines Lebens angekommen bin, würde ich mich vermutlich ziemlich schnell selbst verwirren. Keine Ahnung, wie viele Abzweigungen ich inzwischen genommen habe und wo ich im Alphabet stehe. Vermutlich wäre es sinnvoll, nach jedem signifikanten Lebenseinschnitt wieder von vorne zu beginnen. Einen neuen Plan A zu bestimmen. Blöd nur, dass ich ja gerade festgestellt habe, dass ich Plan A langweilig finde. Im Umkehrschluss würde das ja dann bedeuten, dass ich immer, wenn etwas wie ein solider Plan aussieht, den Drang dazu bekomme, mir einen neuen Plan zu suchen. Und vielleicht ist das ja auch das Grundproblem.

Manchmal denke ich mir, und das vermutlich nicht ganz frei von einer gewissen Arroganz, dass ich zu mehr bestimmt bin. Zu Höherem, wenn man so will. Und auch das ist irgendwie so ein dauerhaftes Problem, denn es bedeutet vor allem: Ich bin nie mit etwas zufrieden. Nicht mit meiner Situation, nicht mit mir. Egal, ob ich gerade etwas geleistet habe, einen Erfolg vorweisen kann oder in irgendeiner Weise aufgestiegen bin: Es ist nie genug. Klar nennt man das auch Ehrgeiz und es ist wichtig, immer nach etwas mehr zu streben. Aber es ist auch anstrengend, wenn einem der neue Plan A, der vor kurzem noch das Nonplusultra zu sein schien, plötzlich eher wie Versagen vorkommt. Als ich das letzte Mal die Aussage getroffen habe, mit meinem Leben absolut zufrieden zu sein, habe ich ein halbes Jahr später meinen Job gekündigt. Seitdem sage ich das lieber nicht mehr. Da war Plan A ganz offensichtlich nicht für die Ewigkeit bestimmt und die absolute Zufriedenheit auch eher ein Trugschluss. 

Aber wann ist der Punkt gekommen, an dem man feststellen muss, dass der Plan A nicht funktioniert? Dann, wenn einem die Entscheidung aus der Hand genommen wird und irgendeine Macht von außen beschließt, dass jetzt Schluss ist? Wenn man gekündigt wird, seinen Job verliert oder sonst etwas dramatisches passiert? Oder dann, wenn man selbst feststellen muss, dass der Plan einfach nicht (mehr) passt? Wann ist der Punkt gekommen, an dem man zu Plan B übergeht oder übergehen muss? Und kommt man irgendwann tatsächlich am Ende es Alphabets an oder fängt man wirklich jedes Mal wieder von vorne an?

Manchmal hat man einen schlechten Tag. So einen richtig schlechten. Oder auch nur richtig schlechte fünf Minuten. Das sind diese Momente, in denen man sich einbildet, dass das Leben den Bach runtergeht und das Umfeld nur mit Unverständnis auf das Drama reagiert, das absolut hausgemacht ist. Das sind die Tage, an denen man von Plan Z träumt. Von dem Plan, den man immer im Hinterkopf hat. Der Plan, von dem man bei einem Bier in der Lieblingskneipe erzählt. "Wenn alle Stricke reißen, dann gehe ich nach Australien" oder "Und wenn sie mich rauswerfen, dann kann ich immer noch ein Café aufmachen". All diese Pläne, über die man stundenlang reden kann und von denen man doch weiß, dass man sie nie verwirklichen wird. Und das weiß der Gegenüber auch, denn auch er hat solche Pläne und träumt gerne an schlechten Tagen von ihnen. Manchmal spinnt man solche Pläne auch zusammen und bei jedem weiteren Kneipenbesuch nimmt man den Faden wieder auf und spinnt weiter. Bis der Plan so absurd geworden ist, dass er wirklich nicht mehr zu verwirklichen ist.

Und jetzt die große Frage: Was passiert wohl, wenn man Plan Z doch verwirklicht? Wenn tatsächlich alle Stricke reißen? Oder wenn man einfach genug hat und den Sprung wagt? Der Logik zufolge ist man damit am Ende angekommen. Nach Z kommt nichts mehr und wenn dieser Plan scheitert, was dann? Dann kann man sich ja auch gleich einsargen lassen, oder nicht? Nicht nach meiner Logik, denn: Nach Z folgt doch im Grunde wieder A. Wenn der Plan Z des einen Lebensabschnitts eben auch nicht das Wahre ist, dann beginnt der nächste Abschnitt wieder mit einem A. So einfach ist das. Theoretisch. Nur leider auch ein ewiger Kreis der Unzufriedenheit, des Suchens und des Nichtankommens.

Im große Reden schwingen bin ich gut. Im "schlau daherreden", wie man in Bayern so schön sagt, erst recht. Mit Wörtern kann ich umgehen und deswegen schwadroniere ich seit 910 Wörtern darüber, wie blöd Pläne sind und dass man sich auch mal etwas trauen sollte. Problem an der Sache? Das war's dann auch schon. Viel Gelabere, viele Gedanken und am Ende bin ich natürlich auch die, die niemals ihren Plan Z verwirklichen wird. Die stundenlang darüber redet, wie großartig es wäre, ein Café aufzumachen. Und sowieso die, die nur müde lächelt, wenn sie gefragt wird, ob sie nicht einfach nach Australien abhauen will. Und warum? Weil selbst wenn Plan A und Plan B, die langweiligen Pläne, nicht wirklich toll sind, dann nimmt man doch lieber noch einmal den Anfang des Alphabets in Kauf, anstatt mutig ans Ende zu springen. 

Warum das mit dem Plan Z nicht so einfach ist, hat ja eine ganze Menge Gründe. Angefangenen mit der eigenen Angst vor dem Unbekannten kommt auch gerne das Unverständnis des Umfelds dazu, wenn man versucht, ernsthaft über diesen ultimativen Plan zu sprechen. Mal ganz davon abgesehen, dass viele von uns so oft von Hirngespinsten reden, dass sie sowieso niemand mehr ernst nimmt. Würde ich jetzt eine Aussage treffen wie "Morgen kündige ich meinen Job und meine Wohnung und gehe nach Tibet ins Kloster", dann würde ich Lacher ernten. Weil so etwas nicht zu mir passt und weil es zugegebenermaßen sehr absurd klingt. Aber wer entscheidet denn, ob etwas absurd ist? Es gibt sicher mehr als nur eine Person, die genau das gemacht hat. Andere kündigen und gehen auf Weltreise. Wieder andere trauen sich doch und machen ein Café auf. Ob deren Umfeld auch gedacht hat, sie würden nur spaßen? Oder waren das alles Personen, bei denen man sich dachte "Ja, die machen das. Das passt zu denen". Wer entscheidet, ob der Plan Z nun zu einer Person passt oder nicht?

Vielleicht ist der super Plan Z, von dem ich jetzt die ganze Zeit geschwärmt habe, für mich tatsächlich nicht der richtige. Vielleicht ist Plan W etwas für mich. W wie Wassermann, wenn man so will. Denn wie ich gerne und ständig betone: Ich bin mein Sternzeichen. Ich glaube, niemand hat die Charakterzüge des Wassermanns so verinnerlicht wie ich. Der Wassermann hat einen Freiheitsdrang, sagt man gerne. Deswegen ist der Ehe-Kinder-Haus-Plan wohl nichts für mich. Aber eigentlich auch der 0815-Job nicht. Mein Plan W, der Plan, der mich vielleicht am Ende des Tages doch noch zufrieden stellen würde, ist vermutlich der Plan, der eine gesunde Mischung aus Sicherheit und Fundament auf der einen und Freiheit und Ungebundensein auf der anderen Seite beinhaltet. Vielleicht muss ich gar nicht bis ans Ende des Alphabets gehen. Aber vielleicht muss ich einfach mal in einem Lebensabschnitt über die ersten paar Buchstaben hinauskommen, um am Ende beim W zu landen. Und falls ich das doch nicht hinkriege, reden wir bei der nächsten kleineren oder größeren Krise noch einmal über die Sache mit Plan Z.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen