Sonntag, 17. Januar 2016

#booksiliked - Mitchell Kriegman: Things I Can't Explain

Es gibt viele Momente im Leben eines jungen Menschen, die man als wichtig, prägend und einen bleibenden Eindruck hinterlassend bezeichnen kann. An einen dieser Momente kann ich mich noch sehr gut erinnern, dabei liegt er inzwischen so um die fünfzehn, wenn nicht fast zwanzig, Jahre zurück. Der Tag, an dem wir Kabelfernsehen bekamen. Ich glaube sogar, dieser Tag war wichtiger als der ominöse Tag, an dem wir Internet bekamen. Es war Samstagmorgen, ich hatte bei einer Schulfreundin übernachtet, die ein paar Straßen weiter wohnte. Ich glaube, sie war ein wenig sauer, dass ich kurz nach dem Aufstehen und einem schnellen Frühstück sofort nach Hause musste - sie konnte meine Aufregung nicht so ganz verstehen. Aber mir kam es vor, als stünde mir plötzlich die ganze Welt des Entertainments offen - so viele neue Sender, so viel Neues zu sehen. Dazu muss man sagen, dass ich aus einer sehr fernsehaffinen Familie stamme - wie anders könnte man sich erklären, dass ich nach dem Charakter aus einer Serie benannt wurde? (Fröhliches Raten nach Serie und Charakter an dieser Stelle - da kommt ihr eh nicht drauf!)

Dass wir Kabelfernsehen bekamen definiert die Neunziger für mich. Vor allem, weil es damals einfach eine Menge toller Serien gab, die man sonst verpasst hätte. Mein Lieblingssender wurde schnell Nickelodeon und meine Lieblingsserie? Ganz klar: Clarissa Explains It All! Und damit sind wir endlich beim Thema angekommen. Denn der Serienschöpfer Mitchell Kriegman hat mir und allen anderen Fans der Serie einen Riesendienst erwiesen und erzählt uns in Buchform zwanzig Jahre später, was aus Clarissa Marie Darling geworden ist. Das ist in vielerlei Hinsicht ein Geniestreich - denn die 90er sind aktuell populärer denn je. Wahrscheinlich sogar populärer als in den Neunzigern selbst. Letzte Woche stand ich in einer gefühlt kilometerlangen Schlange voller Leute, die zu Don't hassel the 90s wollten und vorhin habe ich gelesen, dass Tattoo-Halsbänder wieder im Kommen sind. Wieso also nicht auch eine der populärsten Serien aus dieser Zeit nehmen und die Charaktere in die Jetztzeit katapultieren?

Things I Can't Explain würde ich auch als Nicht-Clarissa-Fan mögen. Wieso? Weil das Buch all die Dinge beinhaltet, die ich mag: New York, eine kaffeesüchtige Protagonistin mit diversen Neurosen und einem exzentrischen Kleidungsstil, Journalismus, Herzschmerz, Erwachsenwerden, Drama. Die volle Ladung. Und das alles mit einer Handvoll Charakteren, die man nie wirklich vergessen hat. Wie könnte man es sich sonst erklären, das ich beim ersten Auftritt von Clarissas Bruder Ferguson gleich das Bild von ihm als rothaarigen Knirps vor Augen habe? Oder vor mir sehe, wie ihr Jugendfreund Sam durch ihr Fenster klettert? Man vergisst so etwas nicht. Und offenbar ging es Mitchell Kriegman da genauso. Die Inspiration, das Buch zu schreiben, kam vor allem von den Fans, die auch mit Mitte zwanzig bis Mitte dreißig noch an diese Serie aus ihrer Jugend dachten. Manche Fernsehunterhaltung lässt einen einfach nicht los.

Buch-Clarissa ist in etwa in meinem Alter und auch wenn ihr Leben wenig mit dem meinen zu tun hat, so ist sie eine von den Charakteren, mit denen ich mich identifizieren kann. Das fängt schon nach ein paar Seiten an, als sie ihre Kaffee-Karte zeigt mit den wichtigsten Koffeindealern der Stadt. Oder darüber spricht, wie wichtig das Schreiben für sie ist. Sie ist ein großer Freund von Listen, List Girl nennt sie ihr früherer Chef. Und wenn ich etwas verstehen kann, dann das! Genauso wie die Aussage I'm starting to worry I live in a coffe-centric universe. Nothing wrong with that, wenn ihr mich fragt! 

Manchmal tut man sich schwer, Buch-Clarissa mit Serien-Clarissa zusammenzubringen. Aber das ist nicht verwunderlich, denn auch sie wurde älter. Der große Unterschied, wie der Titel des Buches schon sagt: Sie kann (sich) nicht mehr alles erklären. Denn es gibt kompliziertere Dinge als die, die man in der Schule lernt. Liebes- und Großstadtleben, Jobs, Familiendramen... es wird nicht leichter, wenn man erwachsen wird. Und mit Mitte zwanzig noch nicht an dem Punkt zu sein, an dem man eigentlich sein sollte / wollte ist auch normal. 

Dass Mitchell Kriegman dieses Buch geschrieben hat, ist genauso wichtig wie dass Rob Thomas die Veronica Mars Bücher schreibt. Es muss der Serienmacher sein, jemand anders wäre absolut nicht geeignet. Niemand anders kann den Tonfall wiedergeben, kann die Essenz der Serie zu Papier bringen. Den Humor, die Liebenswürdigkeit, die Einzigartigkeit. Und deshalb ist das Buch vor allem Dienst am Fan. Aber auch die Leser, die über das Buch stolpern und die grandiose Serie nie gesehen haben, werden ihre Freude daran haben, sofern das die Art von Literatur ist, die sie mögen. Zur Einstimmung empfehle ich aber auf jeden Fall zumindest eine kleine Dosis Clarissa Explains It All - in grandioser 90er Qualität! 

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