Dienstag, 20. Dezember 2011

I believe that stress is a factor in any bad health (Christopher Shays)

"Das sieht aber nicht so schön aus..."
"Ja, ich konnte es nicht gescheit machen, ich war nämlich so im Stress!"

Eigentlich hätte ich mir ja denken können, dass ich als Antwort auf diesen Satz nur ein Schnauben ernte. Aber ich wollte es eben auch mal versuchen und testen, was passiert, wenn ich auch einfach mal Stress vorschiebe, um irgendwas zu rechtfertigen. Turns out: Gar nichts. Nimmt mir irgendwie einfach keiner ab, dass ich zu gestresst bin, um irgendwas zu machen bzw. mit der nötigen Sorgfalt.
Muss daran liegen, dass ich Stress überflüssig finde. In etwa so sehr wie einen Kropf. Und wer will so etwas schon haben? Laut Definition hat das Ganze ja schon einen Sinn, nämlich Belastungen besser zu ertragen und durch entsprechende Stresstoleranz zu neutralisieren. Soweit, so gut. Stress ist also eine rein körperliche Reaktion. Dagegen kann man auch nichts machen.
Aber, und jetzt kommts, somit ist das ja eine Sache, die man nicht kontrollieren kann. Also auch nichts, das man sich entscheidet zu haben, oder? Hervorgerufen wird die Reaktion durch unterschiedlich Faktoren, wobei der beliebteste vermutlich Zeitmangel bzw: Termindruck sein dürfte. Ganz ehrlich, wenn ich noch einmal höre, dass jemand irgendwas nicht machen könne, weil er/sie ja SO im Stress sei, dann werfe ich etwas. Und zwar etwas Schweres. Zur Not kaufe ich mir vorher einen Amboss! Meiner Meinung nach ist Stress einfach eine Sache, die in den Köpfen der Menschen existiert. Etwas, das sie sich zurechtlegen um eine Ausrede zu haben. Oder aber, um anderen zu beweisen, dass sie schwer beschäftigt und demzufolge total wichtig sind. Aber klar. Menschen, die viel zu tun haben, haben selten Zeit, darüber zu jammern. Oder sehe ich das falsch?
Wenn jemand zu mir sagt "Du bist im Stress, oder?" dann fasse ich das als Beleidigung auf! Ich brüste mich ja gerne mit dem Gegenteil, nämlich damit, dass ich keinen Stress habe. Und das macht mich nicht unbedingt langweilig. Denn genug zu tun habe ich trotzdem. Ich nenne das nur nicht Stress. Ich nenne das "Viel zu tun haben". Das klingt auch nicht so negativ, denn wenn man Stress hat, weil man etwas machen muss, dann geht doch auch der Spaß flöten, oder nicht? Und der sollte doch irgendwo die Hauptmotivation sein, zumindest bei den meisten Beschäftigungen. Wenn der weg ist und man nur noch den unvermeidlichen Stress sieht, dann ist sowieso alles zu spät.
Das Wort des Jahres 2011 ist jetzt also "Stresstest". Ich kam mir leicht verarscht vor. Okay, hat jetzt nicht unbedingt was mit dem Stress zu tun, den ich hier meine, aber allein, dass ich schon wieder dieses vermaledeite Wort lesen musste, fand ich ein wenig unlustig! Egal, ob das jetzt ein Instrument des Risikomanagements ist oder sonst was: Wieso verfolgt mich Stress so?
Die übrigens schlimmste Form von Stress ist Hektik. Verstehe ich noch weniger. Dadurch wird's doch nicht besser! Ich habe noch nie erlebt, dass etwas schneller oder besser ging, nur, weil man hektisch und möglichst gestresst herumgefuchtelt hat und wie ein Huhn durch die Gegend gerannt ist. Aber genauso äußerst sich das in den meisten Fällen. Blöderweise habe ich die Angewohnheit, diesen entrückten Leuten dann unbewusst im Weg zu stehen und über den Haufen gerannt zu werden. Denn vor lauter Hektik, Stress und Ungeduld sieht man sowieso nur noch rot. Und sonst nichts. Dazu kommt der obligatorische Tunnelblick und schon hat man den Salat.
Folge: Ich verstehe gar nicht, wie man sich das freiwillig antun kann! Das muss doch anstrengend sein. Und ungesund ist es bestimmt auch, zumindest für das arme Herz. Und die Nerven. Wieso sich künstlich aufregen, wenn es doch so viel schöner wäre, sich zu denken "Was für ein Glück, dass ich viel zu tun habe! Das bedeutet, ich habe Arbeit und mache die offensichtlich auch gut. Außerdem wäre mir sonst auch langweilig!"

Es sind noch 4 Tage bis Weihnachten. Das Wort Stress baumelt über allen Köpfen. Über denen meiner Kollegen ("Oh Gott, da sind ganz viele Kunden im Laden, was mach ich jetzt bloß? Und das Telefon klingelt! Oh nein!"), über denen der Einkäufer ("NEIN! Die haben das nicht mehr in rosa, nur noch in lila! Was mach ich jetzt bloß! Und wenn ich das Buch nicht an Weihnachten verschenken kann, dann geht die Welt unter!") und sowieso einfach über allen Leuten. Und es nervt. Sowas von! So sehr, dass ich mich ernsthaft zu fragen beginne, was an Weihnachten eigentlich noch toll sein soll! Wie war das mit der Besinnung? Fiel wohl dem Stress zum Opfer. Na bravo.

(In diesem Text - samt Überschrift und diesem Nachsatz - kommt 24 mal das Wort Stress vor. Ich würde gerne jedes einzelne Mal ein *piep* einsetzen. Oder einen schwarzen Balken. Stress fällt der Zensur zum Opfer!)

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