Donnerstag, 31. März 2011

Nobody panic! I know Origami and... pilates!

Frühlingszeit ist Spaziergehzeit. Seit wir in München wohnen sind wir zu Frischluftfanatikern mutiert und sobald es Wetter und Zeit irgendwie zulassen, geht es diverse Giesinger Berge rauf und runter.
Und dabei habe ich mich bei etwas ertappt. Als Frau stellt sich ja selbst bei kleineren Spaziergängen eine nicht unbedeutende Frage: Nehme ich eine Tasche mit? Brauche ich eine, weil ich wieder den halben Hausstand spazieren tragen muss? Welche nehme ich mit? Wenn ich 3 Kilometer durch die Stadt spaziere, fällt meine übliche, schrankkoffergroße Tasche ja schonmal flach. Aber klitzekleine Weggehtaschen sind auch fehl am Platz.
Irgendwann kam ich auf eine Lösung: Der Stoffbeutel. Plötzlich wurde es selbstverständlich, dass ich meine sieben (oder mehr) Sachen einfach in einen reinwarf und abzischte. Womit wir ja schon beim nächsten Punkt wären: Inzwischen besitze ich mehrere von der Sorte.
Und warum ich das extra erwähnen muss? Bis vor Kurzem gehörte ich noch zu jenen Menschen, die gerne mal über Stoffbeutelträger lästern.
Hipster tragen Stoffbeutel, heißt es. Zählt man an einem normalen Freitagabend im Atomic mal die diversen Träger dieses Handtaschenersatzes, kommt man auf eine beträchtliche Zahl. Nicht nur bei Frauen, wohlgemerkt. Und das fand ich ja besonders seltsam: Seit wann brauchen Männer Taschen? Soweit ich weiß, passt bei denen doch alles in die Hosentasche? Schlüssel, Geld, Zigaretten. Mehr braucht der Mann von heute doch eigentlich nicht. Theorie meiner lieben Mitbewohnerin hierzu: Kerle mit Stoffbeuteln küssen gerne andere Kerle. Vor allem dann, wenn sie außerdem noch enge Hosen anhaben. So viel zum guten Ruf der Stoffbeutelfraktion.
Wie auch immer. Typischer Fall: Ich sehe etwas, das jeder hat und finde es doof. Ich will es nicht auch haben, ich will es erst recht nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass kein Mensch, der mir in einem Club auf der Tanzfläche begegnet, will, dass ich einen riesigen Stoffbeutel dabei habe. Denen reicht es normalerweise schon vollkommen, dass sie ständig meine Haare im Gesicht haben (Headbangen kann man auch zu Indie-Mucke), da sollte die Tasche wenigstens so klein wie möglich sein.
Warum bin ich also zum Freizeit-Spaziergeh-Stoffbeutelträger mutiert?
Ich glaube, es war ein schleichender Vorgang. Es fing damit an, dass ich eine geschenkt bekam. Ich fand sie sogar sehr hübsch - sie war schwarz und hatte einen neonbunten Aufdruck. Okay, ich geb's zu, es war ein Starmelt-Stoffbeutel (Merkt man was? Ich mag die Party). Und ich begann, Dinge reinzustopfen, wenn ich meinen Eltern besuchte. Ich begann, sie als Einkaufstasche zu benutzen, für Pfandflaschen, für Bücher. Und natürlich begann ich, sie auf Spaziergänge mitzuschleifen.
Das war aber nicht alles! Berufsbedingt habe ich ja ein besonderes Verhältnis zu Büchern. Meiner Meinung nach kann man von denen nie genug haben und je seltsamer das Thema ist, desto besser und desto wichtiger ist es, dass es in meine Sammlung kommt. Ich entdeckte also etwas, das sich "The Tote Bag Book" nennt. Ein Buch, das sich ausschließlich mit Stoffbeuteln (also Tote Bags, was ja gleich besser klingt) beschäftigt? Faszinierte mich natürlich sofort! Was da wohl alles drinstand? Zwei Tage später hielt ich es in den Händen und hatte eine neue Bettlektüre (Meistens "lese" ich im Bett ja Bildbände, weil ich für komplexe Texte schon zu müde bin). Besonderes Gimmick: Eine speziell für das Buch designte Tasche - über und über mit dem Wort "Stofftasche" in verschiedenen Sprachen bedruckt.



(via http://www.jiteshpatel.co.uk/totebagbook/)


Und plötzlich wollte ich mehr haben! Denn mir ging ein Lichtlein auf: Es mag zwar hipstercool sein, Stoffbeutel spazieren zu tragen, aber irgendwie hat es auch echt etwas! Das Individuelle geht freilich irgendwann flöten, wenn jeder Zweite eine "George, Gina & deine Mudder"-Tasche spazieren trägt oder die früher nur bei alten Menschen gesichteten Hugendubel-Juteteile. Aber es gibt wirklich tolle Totes, ich muss es zugeben! Und manche Statements sind nicht platt, doof oder dumm provokativ, sondern wirklich witzig! Manche Motive sind so toll, dass man sie auf einem T-Shirt haben will. Die Vielfalt ist groß und das macht wohl den Reiz aus, das vergisst man irgendwie, wenn man immer dieselben Exemplare sieht. Eigentlich sind ja auch der eigenen Kreativität keinerlei Grenzen gesetzt - wenn man ein bisschen handwerklich begabt ist zumindest. Da kann man dann auch 50 im Schrank haben und sich für jede mögliche (und unmögliche) Gelegenheit die passende raussuchen. Ahja und Geld spart man auch noch dabei, meistens jedenfalls.


Pro Jute also? Nicht in allen Lebenslagen. Nicht auf der Tanzfläche und nicht immer dieselben. Sonst fühle ich mich aber fast bekehrt - und das muss schon was heißen!

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